PRIMISWEILER
In einer Urkunde aus dem Jahre 839 begegnet uns der Name Bruning und später auch der Ortsname Bruningswilaer. In ihm dürfen wir den Gründer dieses eben genannten Ortes vermuten, aus dem später im Laufe der Jahrhunderte um 1200 Birunswilare, 1307 Brüniswille, 1408 Brünischwiller, 1524 Breinischweiler, 1693 Brynnenschweiler und um 1730 Brimischweiler wurde. Im Jahre 1838 taucht dann Primenschweiler auf, was dem heutigen Ortsnamen Primisweiler schon ziemlich nahe kam.
Obwohl von einem Ortsadel in Primisweiler nichts bekannt ist, wird ein solcher 1172 erstmals erwähnt. Weiter erscheint im Jahre 1248 ein H.(einrich?) de Brvnigswiler (Abb. 1) als Zeuge bei der Beurkundung über einen Ankauf von Gütern in Ingoldingen und deren Stiftung an das Kloster Schussenried durch Schenk Konrad von Winterstetten. Konrad stammte aus der Adelsfamilie Waldburg-Tanne. Ob es sich bei den Herren von Brvnigswiler um einen Ortsadel handelte ist fraglich, denn das Vogtrecht lag zu dieser Zeit (1248), in den Händen der Herren von Scowenburc (Schomburg), weil diese die nächst gelegenen Adelsherren waren.
Westlich der Pfarrkirche, auf dem heutigen Dorfplatz, befand sich bis 1951 der Gasthof „Zum Adler“, welcher erstmals 1549 als Taverne zum „Weißen Windhund“ erwähnt wird und damals gleichzeitig als Gerichtshaus diente (Abb. 2). Es ist durchaus denkbar, dass an dieser Stelle und ganz in der Nähe zur Pfarrkirche, einst der 1092 erwähnte Maierhof des Klosters Mehrerau stand, und die „Edlen und Maier“ von Bruningswilare als Gutsverwalter mit ihm in Verbindung gebracht werden könnten.
Einen einheitlichen Schulunterricht oder gar eine Schulpflicht gab es unter den Grafen von Montfort nicht. Dort, wo Unterricht gegeben wurde, taten es die Geistlichen von sich aus freiwillig. Erst im Jahre 1802, jetzt unter österreichischer Herrschaft, wurden die „vorgeschriebenen Normalschulen“, auch Elementarschulen genannt, in Primisweiler und Haslach eingeführt. Das erste Schulhaus in Primisweiler erbaute die Gemeinde 1811 in unmittelbarer Nähe östlich der Kirche neben dem Friedhof. Eine neue Schule, heute das Kath. Gemeindehaus (Abb. 5), erhielt Primisweiler 1908, wobei die alte Schule wegen Baufälligkeit abgebrochen werden musste. Der freigewordene Platz diente später für die Friedhofserweiterung.
Primisweiler verfügte zu Beginn des 20. Jahrhunderts über eine Postagentur, Telegraph und Fernsprecher.
Die Anregung zum Hopfenanbau im Oberamt, besonders im Raum Tettnang, kam im Jahre 1844 und weitete sich bis nach Schomburg aus, wo um 1910 ca. 20 Pflanzer gezählt werden konnten. Mitte der 1970er Jahre wurde der Hopfenanbau hier ganz eingestellt. Bis vor wenigen Jahren erinnerte noch eine Hopfendarre auf dem Hof Vollmer an die Zeit des Hopfenanbaus in unserer Region (Abb. 7&8).
Im Jahre 1871 wurde für den Lehrer, und zugleich Mesner, ein neues Wohnhaus erstellt, das zwischen dem Hof Winkelmüller und dem ehemaligen Dorfladen Dillmann stand (Abb. 3). Wegen Verbreiterung der Fahrbahn (L 333) fiel das Gebäude 1973 der Spitzhacke zum Opfer.
Am 20. Februar 1900 führten Einwohner von Primisweiler und Umgebung vor dem ehemaligen Gasthof „Zum Adler“ den Schäfflertanz auf, der von dem in Kempten geborenen Fotografen August von Zabuesnig (1864-1925) im Bild festgehalten wurde (Abb. 4). Zabuesnig zog 1899 nach Wangen und eröffnete dort eine „Photographische Kunstanstalt“.
Schon um 1900 wurde die Milch der Bauern von Primisweiler und Umgebung zu Limburger verarbeitet. Ein im Jahre 1914 gegründeter „Milchproduzentenverein“ beschloss ein neues Käsereilokal in der Tettnanger Straße zu bauen, das schon im Jahre 1915 in Betrieb genommen werden konnte (Abb. 6). Des ewig unsicheren „Backsteiners“ überdrüssig, vernahm man aus der Schweiz die Kunde von einem besonders haltbaren Hartkäse, dem Emmentaler. Mit dem Zusatz „Allgäuer“ stieg er zu einer der beliebtesten Käsesorten auf.
In der Ortsmitte, leider schon seit einigen Jahren nicht mehr mit Leben erfüllt, befindet sich das ehemalige Gasthaus „Neue Welt“ (Abb. 10). Das 1908 erbaute, eindrucksvolle Jugendstilgebäude ist der einzige Profanbau im Ort, der unter Denkmalschutz steht. Auch das ehemalige Schulgebäude, heute Kath. Gemeindehaus, datiert aus dieser Zeit.
Zwischen den Jahren 1926 und 1930 erfolgte der Bau einer Hochspannungsleitung des Großkraftwerks Württemberg AG (Growag) von Hoheneck (Ludwigsburg) bis zur südl. Landesgrenze (Lindau), die über die Gemarkung Primisweiler führt.
Ein sportliches Großereignis, das in Oberschwaben ein Novum darstellte und heute allerdings undenkbar wäre, fand Mitte Januar 1971 auf dem Mittelsee statt. Das 1. DMV Eis-Speedway-Rennen, vom Veranstalter mit 4000 bis 5000 Zuschauern optimistisch gerechnet, hatte am Ende 7000 Besucher. Auch das 2. Rennen im Jahre 1972 hatte einen ähnlichen Erfolg (Abb. 12).
Quellenverzeichnis:
Hauptstaatsarchiv Stuttgart Urkunde 1248 – Signatur B 505 U 744
Oberamtsbeschreibungen Tettnang (OAB 1838/1915)
Vorarlberger Landesarchiv Bregenz
Festschrift Musikkapelle Primisweiler 1965
Festschrift Allgäu-Milchwerk Neuravensburg 1980
WMSC Eis-Speedway-Rennen 1971 – Foto: Karl-Heinz Gebhard
Abb. 8 - Foto: Dieter Horn